Two in one

(c) Klaus Marion 1992

erschienen in VorSicht


Es gab Zeiten, da war Fernsehwerbung etwas beschauliches. Hyperaktive Hausfrauen demonstrierten, daß sie mit irgendwelchen Reinigungsmittel adrette matte Fußböden in spiegelnde Seen verwandeln konnten, und seriös verkleidete Verkäufer erklärten einem, warum das von uns so geschätzte beste Reinigungsmittel aller Zeiten noch besser sei als letztes Jahr. Da weiß man schließlich, was man hat. Guten Abend.

Dies alles fiel nicht weiter auf, weil es in Werbeblöcke verpackt war, die praktischerweise zwischen den einzelnen Folgen irgendeiner Vorabendserie plaziert wurden. Dergestalt geschützt war es auch dem durchschnittlichsten Konsumenten möglich, auch noch im fortgeschrittensten Zustand der Benebelung durch kurzes Zucken mit dem Zeigefinger in einen benachbarten Kanal zu schalten.

Dieser Zustand hat sich dankenswerter Weise geändert. Eine Vielzahl von privaten Anbietern kam die gesetzlich unterstützte Idee, die Werbung in die Sendung zu plazieren.

Dies hat den nicht zu verachtenden Vorteil, daß man als Zuschauer a) nicht weiß, wann diese Unterbrechung passieren wird, und b) nicht einfach umschalten kann, weil auch nichts genaueres darüber in Erfahrung zu bringen ist, wie lange dieser eingestreute Blödsinn andauern wird. Und da man ja nicht bis zu 5 kleine Schnippsel von "Wild auf Ibiza VII" verpassen möchte, läßt man halt die werbeagenturmäßigen Glanztaten über sich ergehen.

Diese plötzliche Zwangsaufmerksamkeit hat wohl Firmen wie Werbebranche aus einem trauten Schlummer geweckt. Denn jetzt stellt sich eine Frage, die wohl in den letzten Jahren sanft verdrängt wurde: "Für was werbe ich eigentlich??".

Bekanntermaßen ist der Begeisterungszuwachs beim 4562. gesehenen Werbespot für OMO unterhalb jeder meßbaren Grenze, selbst wenn er von sich noch so orgiastisch gebärdenden Hausfrauen hervorgebracht wird. Diese Erkenntnis führt zwangsläufig zur Überlegung, daß das Produkt sich verbessern muß. Zumindest dem Namen nach.

Wenn sich meine Erinnerung nicht übermäßig trübt, haben im Verlauf der letzten Jahre alle auf dem Markt befindlichen Reinigungszwangsprodukte eine ständige Mutation ihres Namens mitmachen müssen. Da waren Bezeichnungen wie Neu, super, supra, extra, extra super, spezial, hyper, hyper super supra spezial und sämtliche kombinatorischen Produkte darauf zu finden, die den Titel immer länger machten. Zumindest so lange, bis man auf die raffinierte Idee verfiel, die teuren Füllstoffe rauszulassen, die Packung kleiner (und billiger) zu machen, und diese Glanztat dem Publikum für einen höheren Preis zu verkaufen. Ich möchte nebenbei die Prognose wagen, daß in naher Zukunft diese Produkte erneut mit den Füllstoffen auf dem Markt erscheinen ("Absolut NEU! Jetzt noch BESSER zu dosieren!!"). Für eine Mark 50 mehr, natürlich.

Doch der Wörtermarkt ist fast ausgereizt. Was noch bleibt, sind Adjektive, die bisher hauptsächlich Spock und Konsorten über die Lippen kamen, wie pyramidal, galaktisch und paranormal.

Eine Situation vor dem Abgrund. Neue Produkte gibt es keine, Namen auch keine (na ja, man kann zum Beispiel RAIDER in TWIXT umbenennen, oder Interrent in Europcar, aber das verwirrt doch auf die Dauer) Also was tun?

Natürlich, wir kombinieren die Produkte einfach. Und so kommt es zu Dingen, die uns immer schon gefehlt haben. Zum Beispiel das Schampoo, zusammen mit dem Festiger. Ein Produkt, daß ich schon immer verzweifelt gesucht hatte, war es doch für mich so schrecklich unbequem, vor dem Verlassen des Hauses nach der Haarwäsche noch schnell diesen Festiger einzureiben.

So konnte ich den jungen Mann aus vollstem Herzen verstehen, der in dem Werbespot auf die Ankündigung seiner Freundin, sich die Haare zu waschen, mit Selbstmordgedanken reagierte, und in seiner Verzweiflung den prägnanten Satz ausstieß: "Das dauert doch ewig. Schampoo, Festiger u n d Conditioner..."

Ich fühle mit ihm. Und es ist ja eine ganz tolle Sache, diese 3 famosen Dinge in einer Flasche gemixt zu bekommen, auch wenn ich Conditioner bisher immer für eine Klimaanlage hielt.

Wir ahnen ja, was jetzt auf uns zukommt. Der Kombinatorik sind keine natürlichen Grenzen gesetzt. Sonnencreme mit Nagellack, Taschentücher mit Mentholcreme und Fieberzäpfchen, Apfelkorn mit Aspirin und Pfefferminzöl gemixt ("Für Magen, Kopf und Führerschein..."). Und Gesichtsreinigungstücher, mit Wimperntusche, Liedschatten und Lippenstift imprägniert sollen der neue Renner für die energiegeladene Frau werden. Ganz zu schweigen von dem neuen Reinigungsmittel Lapazin + für Urlaub in weniger zivilisierten Ländern: Seife, Desinfektionsmittel, Deospray, Fliegenmittel, Sonnenschutz, Zeckenlöser sowie Tränengas gegen aufdringliche Eingeborene.

Und das Beste stammt natürlich aus dem Waschmittelsektor: Das neue...

Doch jetzt erst einmal eine Unterbrechung für etwas Werbung


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Last updated 96/11/25