April April

(c) Klaus Marion 1996


Alle Jahre wieder ist es soweit. Der Tag, an dem man endlich ungestraft andere reinlegen, sie ärgern und veräppeln kann. Der erste April. Eigentlich ein wunderbarer Tag, wenn es da nicht einige andere, zutiefst unfaire Zeitgenossen geben würde, die aus unersichtlichen Gründen einen selbst mit irgendeinem infantilen Unsinn behelligen würden.

Allerdings, nicht jede Situation ist am ersten April geeignet, um mit einem lustigen Scherzchen aufgewertet zu werden. Deshalb bietet die VORSICHT, der ultimative Ratgeber für lebenskundliche Fragen, in diesem Monat einen besonderen Service, nämlich :

10 wichtige Situationen, in denen man einen Aprilscherz vermeiden sollte

1) Finanzamt

Vermeiden Sie es auf jeden Fall, am ersten April im Bereich eines durchschnittlichen Deutschen Finanzamtes irgendwelche Scherze zu versuchen. So mag auf die Frage "Haben Sie sonst noch irgendwelche weiteren Vermögenswerte?" eine Antwort der Art "Nur mein Schwarzgeld in der Schweiz" oberflächlich betrachtet ganz witzig sein, Sie werden jedoch die Erfahrung machen, daß das nachfolgende "April April" bei deutschen Finanzbeamten keinerlei befreiende Wirkung haben wird. Während der nachfolgenden Hausdurchsuchungen und der vorbeugenden Zwingungshaft haben Sie dann ausgiebig Gelegenheit, über den deutschen Humor im allgemeinen nachzudenken.

2) Chefs

Vermeiden Sie unter allen Umständen irgendwelche Scherze bei Vorgesetzten, zu deren Verständnis ein höherer Intelligenzquotient als 35 notwendig sein könnte. Ein geschmettertes "Hallo Chef, ich kündige!" wird von vielen Arbeitgebern gerne mit einem "Ist genehmigt!" beantwortet, was zwar oberflächlich betrachtet auch ganz komisch ist, aber natürlich nicht für Sie. Im Anschluß müssen Sie nämlich versuchen, den noch humorloseren Gestalten auf dem Arbeitsamt zu erklären, daß Sie in Wirklichkeit gar nicht gekündigt haben, und deshalb eine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld für 3 Monate völlig unnötig sei.

3) Krankenhaus

Keine Scherze im Krankenhaus! Ein lustiges "Vorsicht, eine Maus" kann bei Krankenschwestern zu den humoristischsten Sprüngen führen. Leider aber auch zu möglichen Racheakten, wie z.B. servieren des Abendesses um 22.30 Uhr, des Frühstücks dafür um 4.30 Uhr sowie unnötigen Einläufen.

Was nicht heißt, daß Krankenhauspersonal nicht bereit ist, ein lustiges Scherzchen auf Ihre Kosten zu machen. Beliebt sind ein geschmettertes "Oh, da müssen wir leider amputieren" gleichermaßen wie die Behauptung von kurzfristig eintretendem Nieren- oder Leberversagen.

4) Beerdigungen

Scherze auf Friedhöfen sollten aus Pietätsgründen nur in äußersten Notfällen vorgenommen werden. Natürlich ist das Einstecken einer Scherzartikelplastikhand in die Erde eines frischen Grabes nebst Bewegen derselben mit einem versteckten Draht ein erstaunliche Effekte erzeugender Einfall. Auch ein Ansprechen vor Trauergästen mit den gehetzten Worten "Der Tote ist aus dem Sarg verschwunden" kann zu interessanten Reaktionen führen, jedoch wird das befreiende Gelächter nach Aufklärung des Scherzes zumeist ausbleiben. Erwähnt werden muß in diesem Zusammenhang der tragische Fall eines Angestellten eines Wuppertaler Friedhofes, der einen Kollegen damit erschreckte, daß er sich in einem abgestellten Sarg versteckte und beim Eintreten des Kollegen den Dackel knarrend öffnete. Unglücklicherweise hat der so Betroffene blitzartig reagiert, was ihm neben einer mehrjährigen Freiheitsstrafe in Gefängsniskreisen den anerkennenden Spitznamen "Herbert der Pfähler" einbrachte.

5) Gebirge

Daß ein plötzliches "Buuh" an einem Gebirgsweg des Großklockners leicht zu plötzlichen, vertikalen Bewegungen des Betroffenen führen kann, ist leicht einzusehen. Auch der Ruf "Vorsicht, eine Lawine" nebst dem Sprung des Opfers über den nächsten Felsgrat können auch durch das nachgerufene "April April" nicht entschärft werden. Vorsicht bei Verwandten. Handelt es sich bei dem Opfer des Scherzes um Ehefrau oder -Mann, kann eine besondere Neugier der Kriminalpolizei nicht ausgeschlossen werden.

6) Ehefrauen

Ehefrauen haben keinerlei Sinn für Humor auf ihre Kosten. Dies wurde bereits in einer asyrischen Tontafel aus dem 7. Jahrtausend vor Christus vermerkt. Auch einige Felsmalereien in der Pyrenäen werden so gedeutet. Scherze wie "Schau mal, ich hab Dir einen Diamanten gekauft!" nebst anschließendem zeigen eines Ringes aus dem Kaugummiautomaten können katastrophale Folgen haben. Nach konservativen Schätzungen werden 32 Prozent aller Edelsteinverkäufe in der Juwelierbranche aufgrund derartiger Scherze vorgenommen, die nur dazu führen, daß man um des lieben Friedens willen tatsächlich dann so einen Wertgegenstand kaufen muß.

7) Verkehrspolizisten

Keinerlei Humor. Tun Sie bei einer Kontrolle niemals, als ob Sie was getrunken hätten - selbst wenn Sie absolut nüchtern sind. Der Polizist wird unverständig das nicht verfärbte Teströhrchen betrachten und Sie solange pusten lassen, bis sie röchelnd jede weitere Blasung ablehnen müssen. Dann werden Sie wegen offenkundigem Versagen der Testmethode zur Blutentnahme mitgeschleppt. Wenn Ihnen nach Probe, Gegenprobe, Zusatzprobe und Verfikationsprobe ca 1,5 Liter Ihres Körpersaftes abhanden gekommen sind, werden die Beamten es endlich begriffen haben und Ihr merkwürdiges Verhalten auf übermäßigen Rauschgiftkonsum zurückführen.

8) Rocker

Die einzigen Personen, die behaupten, daß man auch Gestalten aus dem Rockermileu problemlos mit Aprilscherzen erheitern kann, stammen aus der Branche der Zahnärzte und Kieferorthopäden.

Versuchen Sie niemals, Gestalten, deren Körpergröße über 1,90 Meter liegt, die Muskeln wie Honigmelonen und den Intelligenzquotienten eines Wollpullovers besitzen, mit irgendwelchen Scherzen zu kommen. "Du, an Deine Maschine hat der Hund da gepinkelt" kann bedauerliche Folgen für das kurze Leben des Vierbeiners haben. Das Anschließende "April April" könnte des Muskelprotz jedoch zu der Ansicht bringen, daß Sie irgendeinen ihm nicht begreiflich zu machenden Scherz mit ihm machen wollten. Und daß erlaubt er grundsätzlich nur Personen ohne Zähne.

9) Zeitschriften

Hier gibt es nichts zu vermeiden, aber dafür zu beachten. Merkwüdiger Weise versuchen selbst engagierte und seriöse Blätter ihre Leser einmal im Jahr zu foppen. Da muß man natürlich aufpassen, daß man nicht

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Last updated 96/11/26