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Der nachfolgende Artikel erschien im Dezember 1998 in der Pharmazeutischen Zeitung (PZ) 51-52 des Govi-Verlag Eschborns. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.


Vom alten zum neuen ApoNet

Klaus Marion, Eschborn     Pünktlich zum Apothekertag wurde auf der diesjährigen Expopharm in München das modernisierte ApoNet vorgestellt. Damit wurde das neue geschlossene Kommunikationsnetz der Apothekerschaft erstmals der Öffentlichkeit präsentiert und für die Teilnehmer freigegeben.

Elektronische Kommunikation ist für die Apothekerschaft nicht neu. Zu einem Zeitpunkt, zu dem sich andere Gesundheitsberufe noch keine ernsthaften Gedanken über diese Form des Austauschs von Informationen machten, war das ApoNet bereits als Medium für den Apotheker vorhanden.

Aus der Taufe gehoben wurde es durch den Offizin-Apotheker Dr. Peter Froese aus Rendsburg, der mit Unterstützung des inzwischen verstorbenen Karl-Heinz Kraft, Geschäftsführer des Apothekervereins Schleswig-Holstein, den Grundstein für ein erstes Weitverkehrsnetz der Apotheker legte.

Von Anfang an stand der Gedanke Pate, den Grundstein für ein allgemeines, bundesweites Informationsnetz aller Apotheker zu begründen. So wurde nachdrücklich versucht, das privat betriebene Netzwerk zum offiziellen Netz der Apotheker zu machen.

Seit Januar 1996 wird das ApoNet auf FidoNet-Basis auf einer umfangreichen Serveranlage vom Rechenzentrum der VGDA im Deutschen Apothekerhaus betrieben.

Eigenes elektronisches Kommunikationsnetz

Ein eigenes elektronisches Kommunikationsnetz kann möglicherweise verhindern, daß der Gesetzgeber den Apothekern die Teilnahme an einem anderen Heilberuflernetz vorschreibt. Die aufgezwungene Teilnahme an einem von anderen Interessengruppen kontrollierten Netz würde zwangsläufig zum Verlust der Datenhoheit der Apothekerschaft führen.

Das ApoNet hat in vielen Punkten die Erwartungen, die an seine technischen Grundlagen gestellt wurden, erfüllt. Die verwendete Software der Teilnehmer (Peter Mandrellas CrossPoint) erwies sich als robust und ressourcenschonend. Seine größte Stärke, das direkte Aufsetzen als stabile DOS-Applikation auf das Betriebssystem, erwies sich jedoch zunehmend als technisches Problem.

Insbesondere Windows NT macht hier große Schwierigkeiten. Die Anzahl der Neuteilnehmer, bei denen es trotz vieler Versuche nicht gelang, ein stabiles Zusammenspiel der Komponenten und der schon installierten Software zu erreichen, wurde immer größer.

Auf der Serverseite erwies sich der Betrieb der Systems ebenfalls als nicht einfach. Die Zahl von schließlich 700 Teilnehmern ließ die Software an Grenzen stoßen. Außerdem gibt es kaum Fachleute, die einen professionellen Support für die Fido-Software anbieten. Deshalb war es dem betreibenden Rechenzentrum der VGDA nicht möglich, die für einige Applikationen notwendige Verfügbarkeitsverpflichtung abzugeben.

FidoNet-Basis wurde schlecht angenommen

Zudem waren die großen Informationsanbieter nicht bereit, neben standardisierten Online-Formaten (wie das im Internet verwendete HTML) ein weiteres reines Textformat zu unterstützen, das kaum Formatierungsmöglichkeiten bietet und auch im Umfang stark begrenzt wird.

Andererseits wurde jedoch deutlich, daß die Diskussionsforen insbesondere für den Offizin-Apotheker ein Medium waren, in dem er schnell und kompetent Antworten auf die Fragen des beruflichen Alltags bekommen konnte.

Die Anforderungen, die an das ApoNet gestellt wurden, ließen sich mit der vorhandenen Technik kaum erfüllen. So war es bereits schwierig, eine netzwerkfähige Variante des ApoNet für das Apothekerhaus einzurichten. Bei den Anwendern war die Akzeptanz einer Nicht-Windows-Lösung sehr schlecht. Verschiedene Forderungen wurden dabei im Laufe der Zeit immer wieder gestellt:

Waren lange Zeit diese Forderungen in einem wirtschaftlich sinnvollen Rahmen nicht erfüllbar, so bot die rasante Verbreitung des Internet zum ersten Mal eine realistische technische Alternative. Hier war ein System, das die Forderungen an das ApoNet erfüllen konnte, und zwar zu wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Sicherheit, Geschwindigkeit und Verbindungskosten standen jedoch einem möglichen Technologiewechsel zum Internet entgegen: Ein großes Apothekernetz, das auch personenbezogene (oder abrechnungsrelevante) Daten transportiert, muß hohe Sicherheitsstandards erfüllen. Insbesondere die Landes- und Bundesdatenschützer wachen mit Argusaugen darüber, ob patientenbezogene Daten über das Internet transportiert werden. Die vorliegenden kryptografischen Verfahren genügen noch nicht den Gesetzesanforderungen zur elektronischen Signatur mit ihren Zertifizierungs- und Evaluierungsvorschriften.

Ein Problem beim Zugriff auf das Internet ist die schwankende Geschwindigkeit der Datenübertragung. Zudem hatte die Fido-Technologie des bisherigen ApoNet im Bereich der Diskussionsforen einen entscheidenden Systemvorteil: Alle neuen Informationen in den abonnierten Diskussionsforen oder Brettern werden bei der Einwahl automatisch heruntergeladen, alle selbstverfaßten Diskussionsbeiträge und persönliche E-Mail werden gesendet, danach wird die Verbindung beendet.

Intranet ist schneller und sicherer als Internet

Die Anforderungen an Sicherheit und Geschwindigkeit ließen sich am besten in einer geschlossenen Lösung, einem Intranet, erfüllen; voll kompatibel zur Software und den verwendeten Formaten des Internet, aber mit eigenen Einwahlknoten und geschützt vom Zugriff durch fremde Internetteilnehmer. Die Nutzung leistungsfähiger Frame-Relay-Lichtwellennetze zum Nachrichtentransport garantiert eine hohe Datenübertragungsgeschwindigkeit innerhalb des Intranets. Gleichzeitig ermöglichen geschützte Übergänge zum Internet, daß der ApoNet-Teilnehmer auch die Informationsdienste des Internet nutzen kann.

Die Anforderung, Diskussionsbeiträge Offline lesen zu können, war schwieriger zu erfüllen. Und tatsächlich gab erst die Verfügbarkeit von Standardbrowsern der beiden großen Anbieter Netscape und Microsoft, mit der Option zum Offlinelesen von Diskussionsforen, den Ausschlag für den Technologiewechsel.

Die Umstellung auf die neue Technik begann im November 1997. Der ABDA-Vorstand beschloß einstimmig die Errichtung eines elektronischen Netzwerkes für die Kommunikation im ABDA-Haus, die Verbindung zwischen den Landesapothekerkammern und -vereinen sowie zum einzelnen Apotheker.

Die erste Stufe, die Bereitstellung des Intranets für die Mitgliedsorganisationen und die Vollanbindung der Arbeitsplätze im ABDA-Haus wurde zum 1. April 1998 erreicht. Die Freigabe des Netzes für den einzelnen Apotheker konnte zum Oktober abgeschlossen werden.

Die Basisdienste entsprechen den Angeboten von gängigen Internetprovidern wie AOL oder T-Online. Die Teilnehmer erhalten mit dem Zugang zum ApoNet gleichzeitig auch einen vollwertigen Internetzugang.

Die Angebote im neuen ApoNet: E-Mail, News-Server, Webserver

E-Mail-Account: Der Teilnehmer erhält eine E-Mail-Adresse der Art T.Mustermann@aponet.de, mit der er Nachrichten sowohl im ApoNet als auch im Internet senden und empfangen kann. Dabei wird gewährleistet, daß Nachrichten innerhalb des ApoNets von anderen Teilnehmern und Dritten weder gelesen noch manipuliert werden können.

News-Server: Die Diskussionsforen des ApoNet stehen im neuen Netz auf dem News-Server news.aponet.de zur Verfügung. Für die Übergangszeit wird ein Gateway-Rechner den Nachrichtenaustausch zwischen altem und neuem ApoNet ermöglichen.

Zusätzlich wird ein zweiter News-Server bereitgestellt, der eine Auswahl von mehreren tausend Diskussionsforen des Internet (genauer: USENET) bereitstellt. Unter news-internet.apo net.de sind im ApoNet die meisten der deutschsprachigen Foren zugänglich.

Webserver: Ein großer Webserver liefert das neue Online-Informationsangebot, das in zwei Bereiche unterteilt ist. Auf der einen Seite stehen die Informationen für die Apothekerschaft. Hier erhalten die ABDA und die Landesorganisationen große Speicherplatzkapazitäten für ihre bereitgestellten Informationen.

Das neue ApoNet: Mehr Informationen, aber keine Werbung

Der Apothekerbereich ist grundsätzlich frei von Werbung. Neben den zum Teil regionalen Informationsangeboten der Vereine und Kammern bietet der Bereich der ABDA Informationen für alle Teilnehmer des ApoNet. Schwerpunkte werden dabei Öffentlichkeitsarbeit, Wirtschaft, allgemeine Neuigkeiten und spezielle Themen sein. Dazu kommt die laufend aktualisierte Link-Sammlung. So bietet die pharmazeutische Linkliste von Christiane Staiger Hunderte Einstiegsadressen von Universitäten.

Die Sammlung von Informationsquellen wird ein Schwerpunkt des ApoNet darstellen, ist doch das Filtern und Identifizieren von relevanten und seriösen Informationsanbietern ein Hauptproblem im Umgang mit dem Internet.

Der zweite Bereich ist das Infocenter: Hier wird Informations- und Dienstleistungsanbietern Platz eingeräumt, ihre Dienste im Intranet anzubieten. Auch diese Angebote und Informationen sind grundsätzlich nur Apothekern zugänglich. Es ist geplant, daß Datenbanken, Dienstleister und Softwarehäuser über das ApoNet ihre Datenübertragungen abwickeln können.

Zum Start des ApoNet sind die Apotheker- und Ärztebank mit einem Onlinebankingangebot sowie die Abrechnungsstellen VSA und Haan vertreten. Die VSA in München bietet zum Start des ApoNet dem Apotheker die Möglichkeit, auf die eigenen Rezepte und Abrechnungen Online zuzugreifen, wobei der Zugriff zusätzlich über ein PIN/TAN-Verfahren abgesichert ist. Diese Dienstleistungen werden in den nächsten Monaten von weiteren Rechenzentren angeboten.

Die klare Trennung zwischen den beiden Bereichen Apothekerschaft und Infocenter dient dazu, eine Vermischung von neutralen und kommerziell bestimmten Informationen zu vermeiden.

FTP-Server: Der ABDA und den Mitgliedsorganisationen der ABDA steht ebenfalls ein großer FTP-Server zur Verfügung, auf dem in Zukunft Daten und Programme zum Herunterladen angeboten werden können.

Homepage: Um das Internet-Angebot abzurunden, wird jedem Teilnehmer Platz für die Gestaltung einer eigenen Homepage eingeräumt. Diese ist sowohl im ApoNet als auch im Internet erreichbar.

Ein lang gehegter Wunsch vieler Teilnehmer des ApoNet wird jetzt mit dem neuen ApoNet realisiert: Die Einrichtung einer Online-Redaktion (siehe PZ 47/98). Diese Redaktion verfaßt selbst Berichte und pflegt das Informationsangebot.

Die Online-Redaktion steht auch als Ansprechpartner für inhaltliche Anregungen und Vorschläge zur Verfügung. Sie ist unter redaktion@aponet.de elektronisch erreichbar.

Einfach zu bedienen, störungsfreier Zugriff

Das neue ApoNet ist ein zum Internet kompatibles Netz. Der Verzicht auf spezielle Software- und Serversysteme ist gewollt. Gerade der Betrieb des alten ApoNets hatte gezeigt, wie wichtig der Einsatz standardisierter, kommerziell erhältlicher Software ist. Denn das neue Netz soll auf jeder beliebigen Betriebssystemplattform einen einfachen und stabilen Zugriff auf alle Angebote des Netzes ermöglichen.

Bewußt nach unten geschraubt wurden die Mindestanforderungen an die Hard- und Software. Die Standardkonfiguration für die Teilnahme ist ein Windows-PC mit einer Bildschirmauflösung von 800 mal 600 Pixel, wobei Windows 3.1 von der Software ebenfalls unterstützt wird. Aber auch mit einer Standard-VGA-Auflösung von 640 x 480 Pixel sind die bereitgestellten Webseiten problemlos zu lesen. Ältere Netscape-Browser reichen aus.

Auf überbordende grafische Elemente und platzfressende Gimmicks wird verzichtet; die Information steht im Vordergrund.

Die Professionalisierung des Netzes machte es notwendig, einen professionellen Partner für die Technik (Einwahlknoten, Fernverbindungsleitungen, Netzsystem, 24-Stunden-Support der Server) heranzuziehen. Nach langen Verhandlungen wurde mit der Deutschen Gesundheitsnetze Service GmbH (einer 50prozentigen Tochter der Apotheker- und Ärztebank) ein Vertrag zum Betrieb des ApoNet abgeschlossen. Der Serviceprovider übernimmt dabei alle Funktionen, die mit Netzbetrieb und Teilnehmerverwaltung zusammenhängen.

Aufgrund der hohen Zahl der Anmeldungen zum ApoNet nach der Expopharm mußten die ersten Antragsteller zum Teil einige Wochen bis zur Bereitstellung von Software und Zugangskennwort warten. Im Regelbetrieb wird diese Zeitspanne kürzer sein.

Für die Teilnehmer werden unterschiedliche Tarife angeboten. Im Fun-Tarif ist ein Grundpreis von 5,95 DM je Monat zu entrichten, die Onlinestunde wird mit 3 DM abgerechnet. Eine Stunde pro Monat ist frei. Dazu kommen noch die Telefongebühren zum Ortstarif. Der Teilnehmer erhält nach seiner Anmeldung eine Installations-CD, die den Installationsvorgang weitgehend automatisiert. Die CD enthält die Software für die Windowsplattformen, wobei der Teilnehmer zwischen Microsoft und Netscape-Produkten wählen kann.

Neue Anbieter im ApoNet liefern zusätzliche Informationen

Die nächsten Monate werden eine kontinuierliche Ausweitung des Informationsangebotes bringen. Einige Landesorganisationen bereiten bereits eigene Angebote vor.

Neue Anbieter werden sich im Netz präsentieren, und die steigende Zahl von Teilnehmern wird die Diskussionsforen weiter beleben.

Die Publikation von Informationen in einem Onlinemedium ist nur mit geringen Kosten verbunden. Es wird jedoch für alle Beteiligten auch ein Lernprozeß sein, täglich anfallende Informationen auf ihre Eignung zur Veröffentlichung zu prüfen. Wenn dies gelingt, wird das ApoNet als eine moderne Kommunikationsform Nachrichten und Informationen bereitstellen, die quantitativ und qualitativ über das hinaus gehen, was bisher angeboten w den konnte.

Klaus Marion


letzte Änderung: 03.02.99