7 untrügliche Zeichen, dass Sie Ihren Arbeitgeberpflichten nicht nachgekommen sind

(c) Klaus Marion 2001

erschienen in Initiativ


So mancher, der durch den mutigen Sprung in die Selbständigkeit seiner bisherigen lohnabhängigen Fronarbeit entflohen ist, wird mit gänzlich neuen Dimensionen von Anforderungen konfrontiert: Steuern, Abzüge und Abgaben
Das ist für den neugebackenen Dienstleister, Arbeitgeber oder Freiberufler durchaus verwirrend und hinterlässt oftmals das nagende Gefühl, nicht zu wissen, ob man sich möglicherweise irgendwelcher Dienstverletzungen schuldig gemacht hat.
Solchen Momenten der Desorientierung möchte INITIATIV, der Zeitschriften für investigative Beratung, durch ein Stück Lebenshilfe entgegentreten. Nur hier und absolut exklusiv:
7 untrügliche Anzeichen, dass Sie Ihren Arbeitgeberpflichten nicht nachgekommen sind!

1. Keine Cruzeniaquellen-Notabgabe bezahlt
Städte und Gemeinden leiden unter leerem Steuersäckel, und sind daher äußerst erfinderisch, was Gebühren und Abgaben angeht. Natürlich hat dies beim normalen Bürger gewisse Grenzen, was aber keinen Stadtrat davon abhalten wird, für besondere Bevölkerungsgruppen ganz besonders einfallsreiche Geldkanäle zu öffnen. Gehen Sie in sich und prüfen Sie einmal ganz genau: Haben Sie in den letzten Monaten eine Zusatzgebühr für gewerbliche Abfälle bezahlt? Können Sie sich an die kommunale Sonderabgabe für Belastungen durch Hochwasserschutzbaumaßnahmen erinnern? Haben Sie Ihre solidarische Notabgabe zur Rettung des Stadtkerns entrichtet?
Achtung! Müssen Sie nur eine dieser Fragen mit einem Nein beantworten, dann haben Sie diesen Aspekt Ihrer Arbeit offensichtlich noch nicht unter Knotrolle und dürfen in absehbarer Zeit mit einer umfangreichen Nachzahlung rechnen.

2. Ihre Abzüge liegen unter 60%
Sie haben die von Ihnen gezahlten Steuern und Sozialabgaben ihres kleinen Freiberuflerbüros mit den zwei Angestellten zusammengerechnet? Und trotzdem kommen Sie nur auf Abzüge von knapp 60% auf die gesamten Einnahmen? Sie haben daher schon in Champagner gebadet, einen neuen Wagen bestellt und als Urlaub eine Weltreise geordert? Dann müssen Sie etwas grundsätzliches falsch gemacht haben. Denken Sie scharf nach: Gewerbesteuer bezahlt? Freiwillige Rentenversicherung überwiesen? Krankenversicherung bezahlt? IHK-Beitrag abbuchen lassen? Solidarfonds für ostdeutsche Freiberufler eingezahlt? Arbeitgeberanteil der Sozialversicherung überwiesen? Nein? AAHH! Jetzt wissen Sie, wo Ihr Geld geblieben ist. Nun noch schnell die fehlenden Beiträge der letzten Monate zuzüglich Schuldzinsen anweisen, und alles ist in wieder in bester Ordnung und Ihre Abzüge bewegen sich wieder bei normalen 90%. Jetzt müssen Sie nur noch sehen, wie Sie das Autos abbestellen. Und die Weltreise.
3. Die Prüfer der Krankenkassen kommen als Delegation
Die Abgaben an die Krankenversicherungen sind ein Buch mit sieben Siegeln. Wer Angestellte hat, wird sich mit den Fragen der Krankenversicherungen, den Anteilen und Ausnahmeregelungen im Krankheitsfall, bei Unfällen und ähnlichem auseinandersetzen müssen. Natürlich kann es da mal zu Fehlern kommen. Deswegen werden sich die Prüfer der verschiedenen Kassen in unregelmäßigen Abständen bei Ihnen einfinden, um eine Kontrolle durchzuführen, bei der auch aufgetretene Fehler unbürokratisch korrigiert werden können.
Sollten Sie aber feststellen, dass die Besuche der Damen und Herren sich auf einem 3-monatigen Rhythmus einzupendeln beginnen, die Vertreter der Kassen eine paritätische Prüfungskommission bilden sowie zur Beweissicherung alle Gespräche mit Ihnen stenografisch protokollieren, sollten Sie über einen Grundlagenkurs zur Krankenversicherung nachdenken. Oder ein Steuerbüro beauftragen (was sich aber wegen 2. verbietet).

4. Der Steuerprüfer verhält sich seltsam
In gewissen Abständen haben Sie mit einem Besuch des Finanzamtes zu rechnen. Je nach Art der von Ihnen verlangten Buchführung wird er stichprobenhaft Ihre Belege und Buchungen prüfen, einige zu beanstandende Punkte finden und befriedigt mit einer moderaten Nachzahlung von dannen ziehen. Sollte der betreffende Herr oder Dame aber: a) eigene Möbel sowie ein Klappbett für eine längere Kontrolle mitbringen b) Ihnen Vorhaltungen machen, dass er wegen Ihnen seinen Urlaub in 3 Wochen jetzt verschieben müsse oder c) junge Kollegen von der Steuerfahndung zu exemplarischen Schulungszwecken an Ihre Akten setzen,
dann wäre es Zeit, noch einmal Ihre Buchhaltungs- und Steuerkenntnisse kritisch Revue passieren lassen.
Und die Frage "Wissen Sie eigentlich wenigstens ungefähr die Bedeutung von 'Soll und Haben'?" sollten Sie veranlassen, einen dringenden Termin mit dem Anwalt Ihres Vertrauens zu vereinbaren.

5. Ihr zuständiger Sachbearbeiter beim Finanzamt hält Sie für komisch
Sachbearbeiter beim Finanzamt haben nichts zu lachen. Die Materie und die damit verbundenen Schicksale sind eher traurig. Aus diesem Grund sind sie auch im Dienst ernst und nachdenklich. Sollte also der Finanzbeamte nach Durchsicht ihrer Steuererklärung begeistert bei Ihnen anrufen und Sie als witzige Stimmungskanone titulieren, wäre es sicherlich jetzt angebracht, mit einem Vorwand ihre Erklärung noch einmal zurückzufordern, am besten mit dem Hinweis, dass Sie tatsächlich nur ein kleines Späßchen machen wollten.

6. Sie glauben Andorra liege bei Pakistan
Sie waren immer der Ansicht, ihre geographischen Bildungslücken aus Ihrer Schulzeit wären vergessen und würden bei Ihrer Arbeit als selbständiger Händler kein Problem darstellen?
Weit gefehlt! Spätestens, nachdem einige finstere Herren in Zivil, die sich als Mitarbeiter der Zollfahndung zu erkennen geben, ihnen in einem amtlichen Gebäude insistierende Fragen zu irgendwelchen nicht geleisteten Zoll-Abgaben stellen, sollten Sie noch einmal gründlich nachdenken, ob Andorra auch wirklich neben Frankreich liegt und zum Zollfreigebiet der EU gehört.

7. Sie machen am Jahresende Gewinn
Das sicherste Zeichen, dass Irgendetwas grundsätzlich falsch läuft. Wir können Ihnen hier nur raten, die vorgenannten Punkte noch einmal genauestens zu prüfen und die von Ihnen übersehene Zahlung in der Höhe ihres Gesamtgewinns unbedingt ihrem Empfänger zukommen zu lassen.
Dann schlafen Sie auch wieder besser!

Klaus Marion



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Last updated 29.12.01